Jedem von uns ist klar, dass uns durchlebte Ereignisse prägen.
Wie ich schon in einem meiner älteren Beiträge geschrieben habe, durchlebte ich 2018 eine Fehlgeburt und obwohl ich 2019 nach einer Bilderbuchschwangerschaft unseren Sohn gesund zur Welt gebracht habe, verfolgen mich Verlustängste bis heute.
In der Schwangerschaft hatte ich ab Beginn, vier Monate lang Angst, das Baby wieder zu verlieren. Erst als ich die Tritte dieser kleinen Kaulquappe wahrnehmen konnte, beruhigte ich mich.
Als es dann hieß: Kaiserschnitt – hatte ich Angst, dass mein Baby in einen anderen Raum kommt, weil ich vielleicht noch operiert werden muss. Deshalb bat ich meinen Mann, dass er unser Kind – egal was komme – auf keinen Fall aus den Augen lassen darf!!!! Fragt mich nicht warum, meine Angst war irrational, es war mir auf jeden Fall extrem wichtig!
Ist ja alles gut gegangen. Aber meine Ängste gingen weiter.
Im Krankenhaus hatten wir dann ein Familienzimmer. Wenn mein Mann mal nicht da war, habe ich mich nicht getraut auf die Toilette zu gehen oder mich zu duschen, weil ich mein Kind hätte aus den Augen lassen müssen. Ich wollte mein Neugeborenes in Sichtweite haben. Die Angst es irgendwie zu verlieren, hat mich auf die verrücktesten Ideen gebracht.
Am besten geschlafen habe ich, wenn unser Sonnenschein auf meiner Brust oder in meinem Arm lag. Selbst heute schlafe ich besser, wenn er zu uns ins Bett gekrabbelt kommt.
Die Angst vor plötzlichem Kindstod schleicht auch dauernd in meinem Unterbewusstsein rum.
Eine Situation, in der ich extrem gemerkt habe, dass mich unterbewusst die Verlustangst blockiert, war als unser Zwerg so ca. 2 Wochen alt war. Mein Vater wollte seinen Enkel ein paar Freunden zeigen und ich unterhielt mich gerade mit jemand anderem. Er nahm mir mein Baby aus dem Arm (was für mich völlig ok war), doch dann verschwand er aus meinem Sichtfeld. Ich fühlte mich plötzlich extrem unwohl und schaute nervös, wie ein Geier, wo mein Baby ist, bis ich mir dabei zusah, wie ich mich tatsächlich auf die Suche machte. Unser Söhnchen war – gar keine Frage – in besten Händen, aber ich konnte nicht SEHEN ob es ihm tatsächlich gut geht. Ich fühlte mich machtlos, panisch und alleingelassen, obwohl es keinen Grund dafür gab.
Ich vermisse ihn heute immer noch jedes Mal, wenn er bei Opa und Oma ist, oder jemand anderer auf ihn aufpasst, weil ich etwas zu erledigen habe. Aber die Fehlgeburt hat meinem Unterbewusstsein offensichtlich eine Angst eingepflanzt, die ich so schnell nicht ganz loswerde, aber immerhin schon abgemildert ist. Ich habe gelernt damit zu leben und Mechanismen entwickelt damit umzugehen, sonst hätte ich vielleicht therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen müssen.